Poledance in der Schwangerschaft: Erfahrungen & Tipps
👉 Disclaimer: Dies ist ein Artikel mit der individuellen Erfahrung einer Poletänzerin zum Poletraining während Ihrer Schwangerschaft und ersetzt keine Absprache mit dem eigenen Arzt / der eigenen Ärztin. Wenn du schwanger bist und weiterhin trainieren möchtest, besprich das in jedem Fall mit einer professionellen medizinischen Fachkraft.
Ein positiver Schwangerschaftstest. Mh… eigentlich sollst du dich freuen, aber irgendwie gehen dir ganz andere Gedanken durch den Kopf. So ging es mir bei der Schwangerschaft mit meinem ersten Kind. Nicht nur die Frage, wie sich mein Berufsleben ändert, quälte mich. Vor allem auch: Was wird aus meiner Leidenschaft und Hobby, dem Polesport?
Pole in der Schwangerschaft?
Ich habe 2015 mit Pole angefangen und war sofort hin und weg. Da ich vorher schon sportlich war, machte ich relativ schnell Fortschritte und unterrichtete auch bald. Ich fand es so toll, wie sich mein Körper verändert hatte und war einfach nur zufrieden mit mir selbst.
Im Jahr 2018 beschlossen mein Mann und ich dann, mit der Familienplanung zu beginnen; uns war schon immer klar, dass wir Kinder wollen. Zu dieser Zeit war ich gerade 30 Jahre alt geworden und ich wurde ziemlich schnell schwanger, was ja eigentlich etwas total schönes ist und doch kam es etwas zu schnell für mich.
Ängste und Sorgen
Nach dem ersten Arzttermin musste ich zuhause erst einmal weinen. Mein Mann fragte mich gleich: „Freust du dich nicht?“ – Doch, natürlich freute ich mich, aber hauptsächlich ging mir tatsächlich der Polesport durch den Kopf. Wie blöd, denke ich jetzt im Nachhinein.
Aber manche Fragen ließen mich einfach nicht mehr los:
„Werde ich für immer meinen Deadlift verlieren? Wird meine hart erarbeitete Flexibilität unter der Schwangerschaft leiden? Werde ich jemals meinen Körper wieder so schön finden wie momentan?“
Fragen, die sich Julia in ihrer Schwangerschaft gestellt hat
Egal, ich konnte es nicht mehr ändern und als die Hormone kamen wurde ich mit meinem Umstand nach und nach auch immer zufriedener und glücklicher. Mir ging es von Anfang an sehr gut in der Schwangerschaft. Ich hatte weder mit Übelkeit noch mit Schmerzen zu kämpfen. Ich war nur ab und an ein bisschen müde und leicht anfällig für Erkältungen. Ich versuchte lange mein gewohntes Trainingspensum durchzuhalten. Und dann kam sie, die erste Einsicht, so geht es nicht weiter – Boom.
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Einschränkungen bei Pole in der Schwangerschaft
Ziemlich früh fühlte es sich sehr ungemütlich an, in den Invert zu gehen und nach einer Stunde Training war ich total k. o. . Normal trainierte ich Minimum 2 Stunden. Mein Unbehagen wurde wieder größer; noch dazu kam der Druck von außen. Jeder fragte mich sofort, ob ich meinen Sport noch mache und ob Poledance nicht gefährlich für mich oder das Baby sei. Ganz ehrlich, ich wusste es auch nicht so genau.
Meine Ärztin und meine Hebamme konnten mit dem Pole Sport nicht so viel anfangen. Als ich sie um Rat fragte, bekam ich immer die gleichen Antworten:
👉 Ich sollte auf mein Körpergefühl hören; wenn es sich gut anfühlt, könne ich den Sport weiterhin machen.
👉 Übungen für die geraden Bauchmuskeln sollte ich später unterlassen.
👉 Ich sollte mich während der Schwangerschaft weiterhin bewegen, das Training aber der Schwangerschaft entsprechend anpassen.
Aber was heißt das jetzt in meinem Fall? Mh…mit diesen Aussagen ging ich wieder ran an den Sport. Alles was sich nicht gut anfühlte lies ich weg. Der Bauch wurde größer und damit fühlten sich mit der Zeit neben Invert auch Leghangs und Tricks mit Bauchkontakt an der Pole schon bald nicht mehr richtig an. Ich machte dann keine Inverts, Leghangs und mit dem Körper nach vorn zur Pole gerichteten Tricks mehr.
Wer den Polesport kennt, fragt sich wohl nun, ja aber dann kann man ja kaum noch was machen? Das habe ich mich auch gefragt und war wieder in einem kleinen Tief gefangen. Ich wollte doch immer weiter trainieren. Manchmal vergaß ich dabei tatsächlich was mein Körper gerade für ein Wunder schafft. Im Nachhinein habe ich dafür sogar ein bisschen ein schlechtes Gewissen gegenüber meinem Sohn.
Pole in der Schwangerschaft: Alternativen finden
Da ich aber immer noch Unterricht gegeben habe, musste ich mir Alternativen ausdenken. Ich arrangierte mich dann wieder neu, versuchte mein Umstand zu akzeptieren und begann mehr Flow am Boden zu üben, was für mich auch Neuland war, da ich meine Tricks weit oben an der Stange mit ein bisschen Risiko so liebte. Außerdem stieg ich um auf mehr Handstand und Balance Übungen.
Die haben sich für mich gut angefühlt und komischerweise habe ich danach immer das Gefühl gehabt, dass der Bauch sich entspannte. Vielleicht, weil er mal nicht nach unten zog. Dazu muss ich sagen, dass ich derartige Übungen nur noch mit Hilfe, sei es der Pole oder einer Wand, gemacht habe, um einen Sturz zu vermeiden.
Pole trotz Babybauch?
Der Bauch wurde größer und größer. Mir ging es weiterhin gut aber die Beweglichkeit ging so langsam gegen null. Es war anfangs schwer auch das wieder zu akzeptieren. Es war ein stetiges Up and Down der Gefühle, vielleicht auch den Hormonen zu verschulden.
In den letzten Wochen bin ich dann viel geschwommen und vielleicht nur einmal die Woche, floor based, mit der Pole in Berührung gekommen. Zum Ende der Schwangerschaft fiel es mir nun aber tatsächlich leichter, es ruhiger angehen zu lassen. Ganz auf die faule Haut legen konnte ich mich dennoch trotzdem nicht. Und dann war er da. Der Moment. Ich habe mein Baby in den Armen. Ja, überglücklich. Was für ein Gefühl. Nach dem Krankenhaus ging es nach Hause.
Poledance nach der Schwangerschaft
Meine Pole hatte ich abgebaut, damit ich sie nicht sehnsüchtig anschauen muss. Ich habe sofort nach der Geburt, auch unter Anleitung meiner Hebamme, mit leichten Übungen für Bauch, Beckenboden, Rücken etc. angefangen und habe mich gezwungen die acht Wochen ohne Stange durchzuhalten bevor ich mich wieder an die Pole wagte. Ich dachte mir, jetzt habe ich 42 Wochen Schwangerschaft geschafft, die acht Wochen vergehen wie im Flug. Und so war es auch.
Tag X, ich stellte meine Pole auf. Und…
… Enttäuschung
Oh mein Gott, ich hatte so viel Kraft verloren und war so steif. Die ersten Einheiten waren kurz und deprimierend. Die Ängste vom Beginn der Schwangerschaft kamen zurück. Ich versuchte mich zu beruhigen und es langsam angehen zu lassen. Aber mit jedem Training merkte ich, was ich alles nicht mehr kann und noch dazu tat alles wieder so weh. Die Haut war komplett entwöhnt. Lassen wir mal die kleine Schwangerschaftsdepression ganz außen vor. Und so vergingen ein paar Monate.
Nach vier Monaten habe ich dann wieder Kurse gegeben und so langsam ging es aufwärts. Mein Invert wurde wieder sauber, mein Deadlift und Aerial Shouldermonut kamen langsam zurück. Ich war überglücklich. Überglücklich im Training und überglücklich wenn ich nach Hause zu meinen Männern kam. Was für ein Leben.
Zusammenfassend möchte ich sagen:
Nimm Tipps von Hebammen und Ärzt:innen an, frag immer nach, wie es mit dem Sport aussieht aber in erster Linie: Höre auf deinen Körper. Er sagt dir stets wie es ihm geht und was er braucht.
Versuche, dein Training deinen Umständen anzupassen. Poledance und eine Schwangerschaft schließt sich nicht aus, es braucht nur ein wenig Kreativität, um es weiterhin in den Alltag zu integrieren – immer vorausgesetzt, die Schwangerschaft verläuft komplikationslos und Mutter und Baby sind gesund.
Lass es langsam angehen nach der Geburt; warte zunächst das Wochenbett ab und bespreche mit deinem medizinischen Fachpersonal, ab wann Kraftsport wieder möglich ist.
Sei nicht allzu enttäuscht, wenn es anfangs nicht gleich wie vor der Schwangerschaft klappt. Das ist ganz normal. Die Muskeln erinnern sich jedoch schnell wieder an die Figuren und so kannst du sicher bald zu deiner alten Form und Kraft zurückkehren.
Momentan bin ich mit Baby Nr. 2 schwanger. Keiner dieser Ängste aus meiner ersten Schwangerschaft kamen bisher auf. Es ging wieder sehr schnell mit der Schwangerschaft, aber diesmal konnte ich mich einfach nur freuen. Glücklicherweise geht es mir wieder sehr gut und ich kann noch einiges an der Pole machen, aber ich weiß, die Zeit wird kommen, da muss ich mich erneut einschränken. Nun weiß ich aber, dass es schnell vorübergehen wird und ich mich auch wieder auf mein Level zurück trainieren kann.
Natürlich, ich sehe nicht mehr aus wie vor 3 Jahren und das Leben hat sich etwas geändert. Auch habe ich mich noch nicht 100% auf mein Ausgangslevel zurück trainiert. Aber, Klischee oder nicht, es hat sich alles zum Positiven geändert. Und hey, es gibt auch Wettkampfmeisterschaften in der Kategorie 50+ aber keine Schwangerschaft 50+.
Ich liebe den Polesport nach wie vor und bin glücklich bei jedem Training. Aber egal wie toll es sich anfühlt und was für ein Wahnsinns-Gefühl das ist, wenn man einen Trick endlich schafft, das schönste Gefühl gibt dir aber dein Kind. Also: Auf geht’s! Die Welt braucht mehr #pregnantpoledancer.